KI macht Grundrisse – und Büroplaner arbeitslos? (Fast.)
Neulich las ich einen dieser neuen Berichte über Künstliche Intelligenz, diesmal zur Bürogrundrissplanung. Angeblich könne man heute ganze Etagen in wenigen Minuten möblieren, Zonierungen für Ruhezonen und Working Cafés ausrechnen lassen und die perfekte Anordnung von Schreibtischen in Open Spaces ermitteln, ganz ohne einen einzigen Menschen, der sich dabei stundenlang Flächen skizziert und Kaffee über Pläne kippt. Direkt zu den Tools…
Kann KI meine Büroräume visuell gestalten?
Ja, natürlich kann sie das. Die KI kann inzwischen Bilder malen, die aussehen wie aus einem Hochglanzkatalog für skandinavische Start-ups. Mit einem simplen Satz wie „Zeig mir ein Open-Space-Büro mit angenehmem Ambiente“ spuckt ChatGPT 4o ein Bild aus, das wirkt, als hätten Pflanzen darin mehr Persönlichkeitsrechte als die Mitarbeitenden.
Noch ist das alles recht einfach gestrickt – ein bisschen IKEA, ein bisschen Pinterest. Aber wer Moore’s Law kennt, weiß: Was heute noch wie ein Praktikantentraum aussieht, plant morgen vielleicht schon Ihre Chefetage.
Und hier sehen Sie ein paar erste Ergebnisse. Nicht perfekt, aber es geht langsam in die richtige Richtung.



Ist chatGPT 4o die beste KI für Bildgenerierung?
ChatGPT 4o kann jetzt Bilder machen. Es bindet Objekte besser, schreibt halbwegs lesbaren Text aufs Bild und braucht dafür ein bisschen länger – vermutlich, weil es erst mit sich selbst diskutieren muss. Ob es die beste KI dafür ist? Kommt drauf an, was man will.
Midjourney macht Kunst für Leute mit NFT-Profilbildern, Stable Diffusion ist was für Bastler mit zu viel Rechenleistung, und ChatGPT ist wie der nette Praktikant: Er macht, was man sagt – manchmal erstaunlich gut, manchmal mit drei Armen.
Also: Beste KI? Vielleicht nicht. Aber bequem, freundlich und selten beleidigt – das ist ja auch was.
KI-Raumplanung? Die Zukunft, sie kommt auf Socken.
Wenn ich das richtig verstehe – und ich habe mir Mühe gegeben –, sitzen irgendwo auf der Welt ein paar kluge Leute, nennen wir sie Start-up-Gründer, und entwickeln kleine digitale Heinzelmännchen: Programme, die einem sagen, wo am besten der Besprechungsraum hinkommt, wo der Drucker stehen sollte, und ob der Kaffeeraum besser links oder rechts von den Focus Pods liegt. Dazu gibt es moderne Namen wie Finch3D, Spacely AI oder Hypar, die klingen wie schlechte Science-Fiction-Serien aus den 90ern.
Aber es wird ernst. Autodesk Revit, der Urvater der langweiligen Architektenprogramme, bietet neuerdings sogar einen „Generative Design“-Modus an, der – kein Scherz – automatisch Open-Office-Layouts erzeugt, bei denen die Schreibtische 1,5 Meter Abstand halten, vermutlich auch dann, wenn gerade eine neue Pandemie grassiert.
In einem alten Büroplanerleben sah das noch anders aus: Da stand man mit kariertem Papier, Lineal und Bleistift an einem Schreibtisch, machte Zonenpläne, radiert sie wieder weg, dachte an Fluchtwege, Lichtachsen und daran, wie oft der Chef am Schreibtisch vorbeilaufen wird, um nachzusehen, ob seine Leute auch wirklich arbeiten.
Heute sagt Finch3D: „Wieviel Bürofläche haben wir? Aha. Gut, ich fülle das jetzt mit 20 Arbeitsplätzen, zwei Besprechungsräumen und einem Working Café.“ – Und das tut Finch dann auch. Ohne Klagen. Ohne Überstunden. In Sekunden.
Sinnkrise beim Architekten?
Vielleicht, aber vermutlich nicht. Denn in all diesen schönen Programmbeschreibungen gibt es immer einen klitzekleinen, aber entscheidenden Zusatz: „Menschliche Kontrolle erforderlich.“ Die KI liefert Vorschläge – der Mensch entscheidet. Niemand will in einem Büro sitzen, das aussieht, als wäre es von einem Algorithmus eingerichtet worden, der sich nur auf Flächenkennwerte und Sichtachsen versteht. Menschen mögen zum Beispiel Pflanzen. Menschen mögen kleine, völlig unlogische Nischen, in denen man sich heimlich verstecken kann, wenn die Stimmung in Meetings kippt. Menschen hassen den Durchzug.
Und das können Finch und seine Kumpanen eben nicht wissen. Noch nicht.
Das Geschäft mit der Zukunft
Natürlich haben clevere Anbieter das Problem längst erkannt. Programme wie Spacely AI können zum Beispiel realistische Visualisierungen erstellen, in denen die KI automatisch Pflanzen, Teppiche, Sofas und Tageslicht simuliert – alles binnen Sekunden, wie ein Praktikant auf Speed. Schön für Präsentationen, schön für Kunden. Aber auch ein bisschen gespenstisch, wenn man bedenkt, dass früher ein Innenarchitekt wochenlang an solchen Bildern gebastelt hat.
Interessant wird es, wenn man über Normen und Vorschriften spricht – ein Lieblingsthema deutscher Büroplaner, gleich nach „Steuerung der Lichtfarbe je nach Tageszeit“. Viele der neuen Tools stammen aus Amerika oder Spanien. Dort prüft die KI brav, ob Baugrenzen eingehalten sind, ob man genug Fenster hat. Aber was ist mit der deutschen Arbeitsstättenverordnung, die mindestens 1,5 Quadratmeter pro Arbeitsplatz fordert? Oder mit der Frage, ob ein Raum genügend natürliche Belichtung aufweist, damit die Mitarbeiter nach sechs Monaten nicht reihenweise Vitamin-D-Mangel anmelden?
Antwort: Meistens muss der Planer selbst darauf achten. Die KI kann nicht alles. Noch nicht.
Warum das Ganze trotzdem Sinn ergibt
Die Vorteile liegen auf der Hand: Früher zeichnete man ein Büro zehnmal um, bevor der Kunde sagte: „Ach, könnten wir das Café doch eher nach Westen legen?“ Heute erzeugen Tools, wie Hypar auf Knopfdruck 15 Varianten, samt Möblierung, Gangbreiten und Fensterpositionen. Und der Kunde kann sich am Tablet durchbewegen, VR-Brille aufgesetzt, versteht plötzlich alles sofort, nickt, und bestellt.
Man könnte sagen: KI rettet die Nerven aller Beteiligten. Weniger Frust, weniger Streit, mehr Varianten, mehr Klarheit.
Und noch ein Aspekt: Die KI ist schnell, aber nicht kreativ. Sie weiß nicht, dass ein Chef manchmal am liebsten in einem Glaskubus sitzen möchte, der eigentlich zu klein ist, aber „visionär“ wirkt. Dafür braucht es immer noch Menschen. Vielleicht weniger für die Massenarbeit – Möbel zählen, Tische rücken –, aber mehr für das, was man heute etwas feierlich „Konzept“ nennt.
Und das Beste?
Büroplaner können sich endlich auf das konzentrieren, wofür sie eigentlich bezahlt werden sollten: kluge Konzepte, emotionale Raumideen, und, ja, auf Details wie das Verhältnis von Tageslicht zu künstlichem Licht. Statt zu überlegen, wie sie 70 Tische möglichst effizient in einen Raum quetschen, können sie überlegen, wie man eine Arbeitswelt baut, die Menschen wirklich lieben.
Am Ende bleibt die Frage: Wird KI irgendwann auch die letzte Entscheidung treffen – den Standort der Kaffeemaschine, die Farbe der Teppiche, die Position des weißen Ledersofas?
Vielleicht. Aber bis dahin gibt es noch genug zu tun. Und genug Gründe, sich ab und zu ein bisschen auf die neue Generation der kleinen, digitalen Büro-Heinzelmännchen zu freuen.